Karl Wilhelm Krbavac

  Ein Porträt.

Seit mehr als 30 Jahren lebt Karl „Charlie“ Wilhelm Krbavac von der Musik. Ein tagtäglicher Kampf ums Überleben für den wohl wichtigsten  Free Jazzer Österreichs. Er ist der Gründer und das einzige Mitglied des „Solo Orchesters“, er spielte ganz  zu Beginn seiner  Karriere Zwölftonmusik. Dann kam der Blues und er wurde zum  Geburtshelfer für die Karrieren von Hansi Dujmic, Woody Schabata und vielen anderen.

  Begonnen hat alles mit dem Studium von klassischer Musik, Komposition und Kontrabass am Konservatorium der Stadt Wien sowie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst an der Hochschule bei Prof. Viktor Sokolowski als Student für Klavier, Viola da Gamba und Cembalo. Karl Wilhelm Krbavac gründet und leitet das Wiener Zwölftonspiel-Ensemble Wien, komponiert Zwölftonspiele für kammermusikalische Besetzungen und spielt bei den Wiener Festwochen, im Wiener Konzerthaus und auch in Luxemburg.

 Und dann kam der Blues

  Plötzlich war es da, das Blues Feeling! Krbavac wollte nicht mehr üben, üben, üben um ein hervorragender Interpret oftmals gehörter Musik zu werden, er wollte nicht mehr reproduzieren, er wollte nicht Noten lesen sondern auf seine Seele hören, er spürte den Blues und den Ursprung der Musik, nannte sich ab sofort Small Blues Charlie und tourte jahrelang, sowohl mit seiner eigenen Band, den Blues Giants, als auch von 1972 bis 1978 mit Bluesmusikern aus Chicago, unter anderem mit Homesick James, J.P. Hutton und Baker Houston Steakhouse durch Österreich

Je mehr sich Krbavac mit dem Blues beschäftigte, je tiefer er in die Substanz der einzig wahren Afroamerikanischen eindrang, je tiefer er das Bluesfeeling in sich selbst verspürte, umso selbstkritischer wurde er, umso mehr stellte er seine eigen musikalische Existenz in Frage. Am 28. Oktober 1978 spielte er sein letztes Konzert mit den Bluesern aus Chicago. Er konnte nicht mehr akzeptieren, dass er mit der ursprünglichen Musik der Afroamerikaner Geld verdiente. Er konnte es mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren als einziger Weißer in einer Band von Afroamerikaner zu spielen wo er doch „wunderbare, fantastische Afroamerikanische Musiker gesehen hatte, die ihr leben in einer Hundehütte friststeten“. Aus Solidarität zu diesen Musikern gab er diesen gutbezahlten Job auf. Doch selbst im Jahr 1978 war das Klima in Österreich noch kalt, sehr kalt. Lange Jahre wurde es ihm con Seiten des Musik(Jazz)establishement  zum Vorwurf gemacht und die etablierte Szene bezichtigte ihn des Verrats. Wobei niemals klar war ob an der Musik, seiner Lebenseinstellung oder am kapitalistischen Denken. Nach seinen Worten hat die musikalische Befreiung der Afroamerikaner eine ganze Generation weißer Musik zu Millionären gemacht. Eine der größten Ungerechtigkeiten der Musikgeschichte und er wollte nicht daran teilhaben.

 Das Solo Orchester

 Seit 1985 sind Krbavac und das Solo Orchester eine Personalunion. Krbavac ist das Solo Orchester. Jeder Ton der der auf der Bühne gespielt wird ist original Krbavac. Entstanden ist das Solo Orchester aus zwei Revox Maschinen, die Musik wurde aufgenommen, abgespielt, verbessert, überarbeitet, wieder aufgezeichnet und wieder erweitert. Das Wort Karaoke kannte noch niemand und ein Computer oder ein Lap Top waren noch Teil der Musik.  Er experimentierte bis das Ergebnis seinen Vorstellungen entsprach. Die Einflüsse zu diesen Kompositionen kamen aus vielen Richtungen. Die klassische 12 Ton Ausbildung spielte mit, Miles Davis stand Pate und auch John Coltrane, Charlie Parker und etliche andere faszinierten und inspirierten Krbavac. Heute sagt der Komponist und Interpret „Wenn ich auf der Bühne stehe gibt es genau zwei Möglichkeiten – ich gehe unter oder ich blühe auf. Wenn von Publikum das notwendige Feedback kommt dann steht nicht ein Krbavac auf der Bühne sonder dann stehen plötzlich viele Krbavacs auf der Bühne. Ich erlebe einen Psychoschub, teile mich, vervielfältige mich und bin part of the game. Ich werde zur Musik.“

Bei seinen Kompositionen hat keine Stimme Begleitfunktion im Sinne des traditionellen Jazz, jede Stimme ist gleichberechtigt, jede Stimme ist eine Solostimme.

„Und dann dürfen sich die Leute anstrengen – wenn sie wollen.“ lacht Krbavac.

Bei den diversen Veranstaltern hatte er es nicht immer leicht. Nach seinen Worten sehen die Veranstalter natürlich lieber wenn 10 Leute auf der Bühne „schwitzen“ als einen Solisten. Trotzdem war er immer gut besucht und auch gut bezahlt. „Ich lebe von der Musik. Ich kann es mir nicht leisten,  um 15 Euro einen Abend lang meinem Hobby zu frönen und Dixieland zu spielen wie es, ohne etwas gegen Zahnärzte im  speziellen zu sagen, eben so mancher Zahnarzt tut. Sie haben sehr wohl ihre Berechtigung – nur ich kann es mir eben nicht leisten!“

„Ich wollte niemals zweiter sein.“

 In seiner selbstgewählten Rolle als Musiker und viel mehr noch als Mensch wollte Krbavac niemals zweiter sein. Er schwamm musikalisch und ideologisch immer gegen den Strom. Er verwendete als einer der Ersten die Viola da Gamba, ein uraltes Instrument dass 1448 zum ersten mal urkundlich erwähnt wird, für den Free Jazz, er brachte die Elektronik ins Spiel als ein Computer noch die Dimensionen einen Zweizimmerwohnung hatte und er konnte niemals seine Kreativität im Zaum halten. Krbavac beizeichnet Jordi Savalle als den Guru der alten Musik, ist überzeugt davon dass Savalle mit vielen Widerständen zu kämpfen hatte und verbeugt sich tief vor dem Genialisten Sun Ra, vor Jimi Hendrix, John Coltrane und dem musikalischem Übervater Miles Davis in all seinen Phasen. Alfred Krondraf

 

LIVE TIPPS
26. Juni, 19 Uhr, Kleine Galerie 1030, Kundmanngasse 30, Uraufführung der „Grete Jost Suite“
12. Juli, ab 14 Uhr, 1160 Wien Schloss Wilhelminenberg, „Miles Davis Zyklus“
23. August, 19 Uhr, M.E.L. Kunsthandel, 1140  Hägelingasse 5, „Freie Improvisation in Echtzeit“, gemeinsam mit Josef Klammer, Drums und Seppo Gründler, Lap Top/E-Guitarre 

 

CD TIPPS:
Karl Wilhelm Krbavac, Das Solo Orchester „The living Composer“ Eigenverlag
Bestellungen über 01 607 27 72

Booking/Contact:
texterei@gmx.at

 

 

 

 

 




Und dann dürfen sich die Leute anstrengen – wenn sie wollen.“



 

 

 

 

 

 

 

 

 




„Ich wollte niemals zweiter sein.“

 

 






 




Mr "Solo Orchester" himself